· Pressemitteilung

Anpassung in der notarztgebundenen Notfallversorgung

DRK-Kreisverband Biberach e. V.
Um die Ausrückzeiten im Landkreis Biberach nachhaltig zu verbessern, werden die Notarztdienste seit Juli von den sechs Notarztstandorten aus geleistet und nicht wie bisher von unterschiedlichen Orten aus.

Ausrückzeiten im Landkreis Biberach sollen verbessert werden.

Seit dem 1. Juli 2025 wird der Notarztdienst im Landkreis Biberach von den sechs Notarztstandorten aus geleistet und nicht wie bisher von unterschiedlichen Orten aus. Dies hat der „Bereichsausschuss im Rettungsdienstbereich Biberach“ im Mai dieses Jahres beschlossen. Ziel ist es, den vom Gesetzgeber geforderten rechtskonformen Zustand  sicherzustellen und so die Ausrückzeiten notarztgebundener Rettungsmittel zu verbessern.

Im Landkreis Biberach vergehen im Notfall häufig zu viele Minuten, bis ein Notarzt ausrückt. Dies geht aus den Qualitätsberichten der „Stelle zur trägerübergreifenden Qualitätssicherung im Rettungsdienst Baden-Württemberg“ (SQR-BW) hervor. Demnach lagen die Ausrückzeiten notarztgebundener Rettungsmittel in den Jahren 2021 bis 2024 über den gesetzlichen Vorgaben. Ein wesentlicher Grund für diese Abweichung wird in der bisherigen organisatorischen Abwicklung des Notarztdienstes gesehen: So rücken einige der rund 85 Notärzte nicht von einem der sechs Notarztstandorte im Landkreis – Biberach, Bad Schussenried, Laupheim, Ochsenhausen, Riedlingen, Schwendi-Orsenhausen – aus. Stattdessen wird ein größerer Anteil Notärzte vom Notfallsanitäter zu Hause oder in der Praxis – bei einer Entfernung von bis zu 5 Kilometern zum Standort der Rettungswache – abgeholt und, von dort aus zum Einsatzort gebracht. 

„Im Flächenlandkreis Biberach war dieses Vorgehen bislang gelebte Praxis und ein tragfähiger Kompromiss“, sagt Dr. Thomas Schmidt, Ärztlicher Direktor des Biberacher Sana Klinikums. „Gerade in ländlichen Regionen wie der unseren ist es angesichts der ohnehin knappen Ressource Notarzt oftmals mit großen Anstrengungen verbunden, die Dienste dauerhaft und zuverlässig zu besetzen. Für manche Ärzte war es ein nachvollziehbarer Anreiz, den Notarztdienst von zu Hause oder der eigenen Praxis aus zu leisten.“ Mit dem neuen Rettungsdienstgesetz Baden-Württemberg ist dieses Modell jedoch nicht mehr zulässig. Dort heißt es klar: „Notarztstandorte sind Einrichtungen des Rettungsdienstes, an denen das Notarzteinsatzfahrzeug und das vorgeschriebene Personal zu den Einsatzzeiten vorgehalten werden müssen und von denen aus sie – gemeinsam – ausrücken.“ Aus diesem Grund hat das Regierungspräsidium Tübingen als zuständige Aufsichtsbehörde gefordert, geeignete Maßnahmen im Hinblick auf die bisher praktizierte Notarztabholung zu ergreifen. Der Bereichsausschuss im Rettungsdienstbereich Biberach hat daraufhin im Mai dieses Jahres die umgehende Umsetzung der gültigen rechtlichen Vorgaben beschlossen, sodass Notarztdienste seit Juli von den sechs festgelegten Notarztstandorten im Landkreis aus geleistet werden müssen. 

Der Bereichsausschuss setzt sich aus Vertretern der Kostenträger (Krankenkassen) und Leistungsträger (Hilfsorganisationen) zusammen. Ergänzt wird das Gremium durch Mitglieder des Landratsamts, der Klinik, der Notärzteschaft sowie der Kassenärztlichen Vereinigung. Diese unterschiedlichen Perspektiven ermöglichen es, Entscheidungen differenziert zu bewerten und gemeinsam tragfähige Lösungen für eine bestmögliche präklinische Versorgung zu erarbeiten. Die Vertreter von Klinik und Notärzteschaft sind dabei in beratender Funktion tätig und nicht stimmberechtigt. 

„Wichtig zu wissen ist, dass die Prähospitalzeit im Landkreis bereits unter 60 Minuten und damit landesweit im Mittel liegt“, sagt Michael Mutschler, stellvertretender Vorsitzender des Bereichsausschusses für den Rettungsdienstbereich Biberach. „Jetzt gilt es, die Ausrückzeit nachhaltig zu verbessern.“ Mit dem Beginn der Maßnahme zum 1. Juli und dem damit verbundenen zeitlichen Vorlauf sollte sichergestellt werden, dass sich alle Beteiligten organisatorisch auf die neue Regelung einstellen können. „Die notwendigen infrastrukturellen Rahmenbedingungen, um beispielsweise den Nachtdienst in der Rettungswache verbringen zu können, wurde in den letzten Jahren durch Neu- und Umbaumaßnahmen organisationsübergreifend bereits geschaffen“, so Michael Mutschler. „Dennoch gibt es im Zuge dieser erforderlichen Umstellung auch Bedenken und die Sorge, dass Schichten nicht mehr vollständig besetzt werden können oder einzelne Notärzte ihren Dienst ganz aufgeben“, führt Schmidt weiter fort. „Tatsächlich könnte es dazu kommen, dass das neue Modell für einzelne Notärzte nicht mehr praktikabel ist. Das lässt sich bei strukturellen Veränderungen leider nicht gänzlich ausschließen und die Erfahrungen hat man auch bereits in anderen Landkreisen gemacht. Letztendlich handelt es sich aber um eine gesetzliche Vorgabe und kein Konzept oder eine Idee von uns als Klinikbetreiber, wie an anderer Stelle bereits vermutet wurde. Das heißt, die Umsetzung ist unabdingbar.“ 

Umso wichtiger ist es jetzt, gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln, um den Notarztdienst im Landkreis Biberach weiterhin attraktiv zu gestalten und so die Versorgung auch unter den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen sicherzustellen, die Dienste zuverlässig zu besetzen und die Ausrückzeiten nachhaltig zu verbessern. „Wir sind zuversichtlich, dass uns das weiterhin in gewohnter Form gelingen wird. Von Seiten des Klinikums werden wir uns mit höchster Priorität dafür einsetzen“, betont PD Dr. Sebastian Hafner, Chefarzt des Zentrums für Anästhesiologie am Biberacher Sana Klinikum. Seine Abteilung beziehungsweise das Klinikum sichert mit rund 35 Ärzten einen großen Teil der Notarztversorgung im Landkreis Biberach. Zwei Klinikärzte fungieren dabei als Leiter des Notarztdienstes im Rettungsdienstbereich Biberach, zwei weitere koordinieren im Rahmen ihrer Nebentätigkeit die Vergabe der Notarztdienste, acht sind als leitende Notärzte berufen. Ziel ist es jetzt, den Pool an Ärzten für die Notarztversorgung zu halten und perspektivisch weiter auszubauen. „Wir als Klinikum tragen dazu aktiv bei, indem wir die Zusatzweiterbildung zum Notarzt fördern und sämtliche Kosten hierfür übernehmen“, so Hafner. Insgesamt wurden im Landkreis Biberach in den vergangenen Jahren umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um eine kontinuierliche Besetzung aller Notarztstandorte sicherzustellen. Unter anderem wurde die Vergütung angepasst, die im Landkreis höher ist als in anderen Regionen.  

„Wir haben insgesamt also eine gute Situation, auch was die Besetzung der Notarztdienste und die Qualifikation unserer Notärzte angeht. Diese gilt es zu halten – das ist die klare Marschrichtung für die kommenden Monate“, sind sich die Verantwortlichen einig. „An dieser Stelle möchten wir allen Notärzten und Notfallsanitätern herzlich danken, die mit großem Engagement an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr die Notfallversorgung im und für den Landkreis Biberach sicherstellen.“